Foto: Toni Gerdemann

„Wir sind Agnostiker, aber wir sind neugierig!“ Vater und Sohn betreten die Weihnachtshütte. Wir kommen gut ins Gespräch und sie stellen alle Fragen, die so in ihrem Kopf herumschwirren. Besonders der 16-jährige Sohn zeigt großes Interesse. Sie bedanken sich für das nette Gespräch, und als ich ein Gebet für sie anbiete, sagt der Vater scherzhaft, dass er gespannt sei, ob er dann wohl so ein schaurig-warmes Gefühl im Rücken haben werde. Er steht auf und will gehen. Ich sage, so leicht kämen sie jetzt nicht davon, ich würde gerne für sie in ihrer Anwesenheit beten. Brav setzt er sich wieder. Ich bete. Nach dem Amen schaut er seinen Sohn an und sagt: „Jetzt habe ich echt Pipi in den Augen“, und der Sohn sagt: „Ich auch“.

Gespräche wie diese oder auch ganz andere ergeben sich tatsächlich mitten auf dem Halleschen Weihnachtsmarkt – in der Weihnachts- und Gebetshütte. Schon seit nunmehr 8 bzw. 3 Jahren stellt die Stadt Halle die Holzhäuschen gegenüber der Marktkirche auf. Das Stadtmarketing war ursprünglich an die christlichen Gemeinden Halles herangetreten, weil es ihm ein Anliegen war, der Botschaft von der Geburt Jesu auf dem Weihnachtsmarkt Raum zu geben und um im adventlichen Trubel bewusst einen Ort der Ruhe zu schaffen.

Die beiden Hütten werden jedes Jahr anders gestaltet: Das Zentrum bildet stets die Krippenszene mit Josef, Maria und dem Jesuskind. Darum sind verschiedene Mitmachstationen für Erwachsene und Kinder angeordnet, die von Jahr zu Jahr variieren: eine Dankesecke, ein Quiz zur Weihnachtsgeschichte, eine Vorleseecke, eine Klagemauer oder Videoclips mit Kurzinterviews, gedacht als ein niedrigschwelliges Angebot für Menschen mit und ohne christlichen Hintergrund. In der angrenzenden Gebetshütte stehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Wunsch für Gebet, Segen und Fürbitte zur Verfügung. Man darf sich aber auch einfach nur mal so umschauen. Und das tun nicht wenige:

Foto: Toni Gerdemann

An einem Nachmittag stehen zwei Mädchen, ca. 11 Jahre alt, am Eingang und sagen, sie wollten einfach nur mal schauen, was denn das hier sei. Die Mitarbeiterinnen erklären ihnen, dass man hier für sich beten lassen könne. Ob sie denn wüssten, was Gebet sei. Die eine verneint und eine Mitarbeiterin sagt, man könne einfach so mit Gott reden, wie mit einem Freund. Ob sie das einfach mal ausprobieren wollen. Beide haben Lust, setzen sich mit dem Team in die Sitzecke und lassen für sich beten. Hinterher ziehen sie beide noch einen Bibelvers und sagen, dass sie das jetzt „echt schön“ fanden.

Die Besucher der beiden Hütten reagieren ganz unterschiedlich auf das, was sie sehen: Manche sind zunächst vorsichtig, fragen dann aber doch bei den Mitarbeitern nach oder heften ihr Gebetsanliegen an das Kreuz. Andere schauen nur kurz herein und gehen sofort wieder. Wieder andere nehmen sich viel Zeit, alle Stationen in Ruhe anzuschauen. Besonders die mit ihren Eltern und Großeltern hereinströmenden Kinder sind sehr neugierig und stellen viele Fragen.

Die Weihnachts- und Gebetshütte sind eine großartige Gelegenheit, um mit Menschen aus allen Kontexten über den Glauben ins Gespräch zu kommen. Jeden Nachmittag ist die Weihnachtshütte 1,5 Stunden geöffnet, die Gebetshütte 2 x 2 Stunden. Pro Hütte sind 2 Mitarbeiter vor Ort; die Freiwilligen kommen aus ganz unterschiedlichen christlichen Gemeinden.

Bevor die Weihnachtsmarktphase beginnt, gibt es ein gemeinsames Treffen aller Interessierten, bei dem der organisatorische Ablauf sowie die Anordnung der Stationen in der Weihnachtshütte erklärt werden und bei dem auch Raum für Fragen ist. Später werden alle wichtigen Informationen noch einmal per E-Mail zur Verfügung gestellt. Im Januar gibt es dann ein Auswertungstreffen, bei dem jeder von seinen Erfahrungen berichten kann. Von manchen Erlebnissen erfährt man aber auch erst viel später:

Eine Frau Anfang/Mitte 30 kommt in die Hütte und sagt, sie wolle sich nur bedanken. Letztes Jahr habe sie völlig aufgelöst in der Hütte gesessen, weil sie einfach nicht schwanger wurde. Nun ist sie im 5. Monat und ach ja, es werden Zwillinge…

Es lohnt sich also, mit dabei zu sein! Wer Lust hat, dieses Jahr in der Weihnachts- und/oder Gebetshütte mitzuarbeiten, kann sich gern bei Antonia Gerdemann (antonia.gerdemann@gfhalle.de) melden.

Toni Gerdemann, Susanne Heine, Ute Kühn