Vor sechs Jahren begann ich mit dem kirchlichen Fernunterricht meine Ausbildung zur Prädikantin. Nach dem Abschluss kann die Kirche die „Befähigung zur freien Wortverkündigung“ erteilen. Ich darf damit selbstständig Gottesdienste halten und predigen.

Wenn ich das in kirchlichen Kreisen erzähle, leuchtet das Vielen ein. Predigen vor Erwachsenen, ihnen Gottes Wort zu verkündigen, ist offensichtlich anerkannt und wird gebraucht. Etwas andere Rückmeldungen erhalte ich aber, wenn ich auch von den BartholoMäusen erzähle. Das ist der Kindergottesdienst für die 0-2-Jährigen, die von einem Elternteil begleitet werden, und bei dem ich seit 2011 mitarbeite. Verkündigung für so kleine Kinder – geht das überhaupt? Ist das nicht nur Kinderbespaßung? Ich bin überzeugt: Ja, Verkündigung geht auch für die Kleinsten und bedeutet dennoch Spaß am Sonntagmorgen. Spaß und Freude an der Gemeinschaft und an Gottes Wort. Es nicht nur zu hören, sondern es zu begreifen, mit allen Sinnen zu erleben, zu besingen und immer wieder zu staunen. Und: Es gibt dabei verblüffend viele Gemeinsamkeiten mit dem Gottesdienst für Erwachsene.

Aber erst einmal zu den BartholoMäusen. Das Ritual an jedem Sonntag geht so: Nach dem gemeinsamen Beginn in der Kirche werden die Kinder gesegnet, bevor sie ins Gemeindehaus in ihre Gruppe gehen. Der Raum ist schon vorbereitet. Kissen liegen im Halbkreis aus. Jeder findet seinen Platz. Und dann geht es mit einer Klangschale los. Augenblicklich werden alle ruhig.

Gemeinsam werden zu Beginn stets die gleichen, einfachen Sätze gesungen. Auch die Hände und Füße werden gebraucht. Jedes Kind wird mit seinem Namen begrüßt. Und dann wird in das besondere Buch geschaut. Die Kinder werden gefragt: „Was ist das?“ Und dann rufen einige die Antwort: „Die Bibel!“

In der Kinderbibel mit vielen Bildern und Klappen gibt es viel zu entdecken. Und damit startet das Thema. Das kann eine Jesusgeschichte sein oder eine Erzählung aus dem Alten Testament oder etwas zur Schöpfung.

Spätestens jetzt ist die Anfangsruhe vorbei. Die Kinder stehen auf und wollen alles ganz genau anschauen und anfassen. Sie wollen begreifen und selber machen. Sie bauen gemeinsam Figuren auf oder den Stall von Bethlehem. Sie legen aus Steinen einen Weg oder mit Gras und Blumen eine Wiese. Die Kinder malen einen großen Regenbogen oder erkunden ihr Gesicht im Spiegel.

Dazu werden passende Lieder gesungen. Und manchmal wird getanzt und gehüpft. Dass Gottes Liebe wie ein Nest ist, erfahren die Kinder, indem sie in Decken hochgehoben werden. Oder sie rufen mit Jesus: „Sei still, Wind! Sei ruhig, Wasser!“, wenn es um die Sturmstillung geht. Und wie Jona im Wal fühlen sie sich, wenn sie durch einen Tunnel krabbeln.

Nach den vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen ist es gut, wenn der vertraute Abschluss kommt. Alle setzen sich noch einmal auf ihre Kissen. Dann haben sie die Hände für Gebet und Segen frei. Mit vereinfachten Gebärden können auch schon die Kleinen das Vaterunser beten. Für den nächsten Sonntag wird sich mit dem Schluss verabredet: „Nun sagen wir auf Wiedersehn – bis nächsten Sonntag kurz vor zehn.“

So ganz anders ist es auch im Gottesdienst für die Erwachsenen nicht. Wir sitzen auf gepolsterten Stühlen, meist auf unserem Stammplatz. Nach dem Glockenläuten geht es los. Wir werden ruhig und hören auf das Vorspiel der Orgel. Am Anfang singen wir die wohlbekannte Liturgie. Aus der Bibel hören wir im Evangelium von Jesus und auch aus anderen Büchern des Alten und Neuen Testaments vertraute oder unbekannte Geschichten, die von Erfahrungen mit Gott erzählen. Und wir können uns darauf verlassen, dass nach der Predigt der vertraute Abschluss kommt. Mit Gebet und Segen endet der Gottesdienst.

Auch wenn sich die konkreten Themen und die Ausgestaltung der Verkündigung natürlich etwas unterscheiden – für mich kommt die Arbeit für beide Gruppen sowie für alle anderen in der Kirche aus der gleichen Quelle: Aus der guten Nachricht von Gott für uns, die hörbar und sichtbar in der Gestalt von Jesus Christus vom Himmel kam. Aus Gottes Wort, das sichtbar unter uns ist, immer weiter scheint, unser Leben und unseren Weg erhellt. Das gleichzeitig das Licht des unvergänglichen Lebens ist, an dem wir Anteil haben.

Diese gute Nachricht will ich weitersagen, anderen mitteilen – egal, ob groß oder klein, ob alt oder jung, mit einem ausgefeilten Predigtmanuskript oder mit Stofftieren und Holzfiguren. Denn Gott hat uns diese gute Nachricht gegeben, damit wir sie weitergeben. Wir sind ihre Zeugen geworden und können deshalb auch selbst Zeugnis geben von dem, was uns bewegt oder begeistert.

Und was begeistert Sie so, dass Sie es weitersagen wollen?

Dorothea Vogel