Seit 1.9. ist Fridolin Wegscheider, Jahrgang 1992, Vikar in der Bartholomäusgemeinde. Wir erreichen ihn per Videokonferenz in Neudietendorf, wo er gerade an einem Seminar teilnimmt. Gleich danach erwartet ihn die Talarschneiderin zur Anprobe.

Lieber Fridolin, erzähl uns von deinem Weg bis hierher.

Ich komme aus Dresden, aus einem künstlerischen Elternhaus. Mein Vater ist Orgelbauer, meine Mutter Sängerin. Kirche war mir daher immer schon ein vertrauter Ort, vor allem aus der musikalischen Perspektive. Ich bin auf ein katholisches Gymnasium gegangen. Das war eine tolle Zeit, in der ich den Glauben noch mal ganz neu und anders kennen- und lieben gelernt habe. Über einen Religion-Leistungskurs, in dem ich eher zufällig landete, reifte die Entscheidung, Theologie – neben Sprach- und Literaturwissenschaft – zu studieren. Ich hatte vor, Lehrer zu werden. Ins Pfarramt fühlte ich mich zunächst nicht berufen. Den Impuls dafür brachte ein Klosteraufenthalt, der mich motivierte, in Dresden auf die Suche nach einer geistlichen Heimat zu gehen. Diese wurde die Studierendengemeinde, in der ich erlebte, wie Kirche sein kann, welche Freiräume dort möglich sind. 2018, nach meinem Lehramtsstudium, zogen meine Frau und ich dann nach Halle um, wo ich bis vergangenen Sommer Theologie studiert habe. Ich bin sehr froh und stolz, nach 10 Jahren an der Uni, inzwischen auch Vater von Zwillingen, meinen zweiten Abschluss in der Tasche zu haben und freue mich auf den weiteren Weg.

Welchen Bezug hast du zur Bartholomäusgemeinde?

Als der Anruf von der Landeskirche kam, dass ich mein Vikariat in der Bartholomäusgemeinde machen dürfte, habe ich mich riesig gefreut. Ich kannte die Gemeinde vorher nicht, hatte aber schon von Kommiliton*innen gehört, was für eine tolle Gemeinde mit einem unheimlich reichen Gemeindeleben das ist. Das ist natürlich ein idealer Ort für ein Vikariat. Ich sehe das als große Chance.

Worauf freust du dich, was bringst du mit?

Mit meiner Geschichte freue ich mich auch auf eine spannungsvolle Begegnung, weil ich glaube, dass ich an der einen oder anderen Stelle ganz andere Impulse mitbringe mit meiner Persönlichkeit und meiner Frömmigkeit. Und ich freue mich auf viele Impulse aus der Gemeinde. Ich bin sicher, dass ich da ganz viel erleben kann, das mir bisher vielleicht so noch nicht begegnet ist.

Was bedeutet Glaube für dich?

Zunächst etwas sehr Persönliches. Ein Gefühl des Ankommens. Ich empfinde eine gewisse Diskrepanz zwischen Lebensalltag und Welt auf der einen und Glaubensheimat auf der anderen Seite und ich würde mir wünschen, dass das mehr zusammengeht. Deswegen ist dieser Modus des Ankommens für mich ganz stark, ein Zur-Ruhe-Kommen. Glaube bedeutet für mich ein Grundvertrauen in der Frage zu haben, wo es hingeht im Leben, damit nicht allein zu sein. Zugleich ist er für mich aber auch etwas sehr Offenes. Ich habe Glaube an und mit Menschen schon sehr verschieden erlebt ­– und das hat mir auch gelingendes Leben offenbart.

Gleich wirst du einen Termin bei der Talarschneiderin haben. Was ist das für einen Moment?

Foto: privat

Ich bin sehr aufgeregt, das ist eine Entscheidung für sehr viele Jahre. Aber sie hat uns auch beruhigt, dass man vieles auch im Nachhinein noch ändern kann. Ich freue mich riesig darauf.
Einen Talar zu tragen, bedeutet einen Rollenwechsel, man legt ein Stück seiner Privatperson ab. Es hilft, sich zu konzentrieren. Und es bedeutet auch, sich zu erinnern, dass man in einer Tradition steht. Ich kann Traditionen sehr genießen, aber gleichzeitig finde ich es wichtig, sich daran nicht festzubeißen und offen für Prozesse und Veränderungen zu sein.

Wann können wir dich in der Gemeinde treffen?

Im Augenblick bin ich noch voll im Dienst an zwei Halleschen Gymnasien eingespannt. Das läuft im Februar allmählich aus, dann bin ich immer mehr in der Gemeinde präsent. Aber auch im ersten halben Jahr des Vikariats werde ich schon zwei Gottesdienste halten.

Vielen Dank für das Gespräch und einen gesegneten Start in dein Vikariat bei uns!

Das Gespräch führte Katharina Lipskoch.