weigmannVorgestellt: Herr Weigmann

Herr Weigmann wurde 1936 in Breslau geboren und wuchs bis zum 9. Lebensjahr bei seinen Großeltern in Grünberg, einem kleinen Dorf in Niederschlesien auf. Nach dem Ende des Krieges 1945 wurde er mit einem Großteil seiner Familie nach Deutschland ausgesiedelt, kam ins Flüchtlingslager Goldberg nach Halle. In Halle verbrachte Herr Weigmann seine Schulzeit, besuchte dank finanzieller Unterstützung durch die Stadt die Oberschule und legte das Abitur ab. Das Studium der Textiltechnik führte ihn nach Dresden und die erste Anstellung nach Oelsnitz im Vogtland. Seine Eltern lebten noch in Halle, wo Herr Weigmann auch seine Frau kennen und lieben lernte. Nach einer kurzen Zeit in Leipzig führte eine neue berufliche Herausforderung Herrn  Weigmann nach Leinefelde ins Eichsfeld, wo er gemeinsam mit seiner leider viel zu früh verstorbenen Frau bis 2011 lebte. Herr Weigmann hat drei Kinder und mittlerweile 7 zum Teil schon erwachsene Enkelkinder, er lebt heute in Trotha, fühlt sich jedoch über Beziehungen zum Röderberg und nicht zuletzt seinen Sohn Frieder der Bartholomäusgemeinde verbunden. Herr Weigmann ist eines der Gemeindeglieder, die samstags unsere Kirche öffnen und interessierten Besuchern Rede und Antwort stehen.

Was ist für Sie an der Bartholomäusgemeinde besonders?
Dass Jung und Alt gut miteinander auskommen. Im Gottesdienst sind immer viele Kinder, die Atmosphäre ist familiär, im Kirchencafé kann man sich mit vielen unterschiedlichen Menschen unterhalten.

Welche Bedeutung hat der Glaube für Sie?
Kein Ereignis meines bisherigen Lebens hat ohne kirchliche Begleitung stattgefunden, ich war im Kindergottesdienst, bin konfirmiert und habe kirchlich geheiratet, war aktiv in der Jungen Gemeinde, der Studentengemeinde und auch meine Kinder sind mit Kirche aufgewachsen. Das Wort „glauben“ dagegen ist für mich ein symbolisches, das ich aus meinem Alltagssprachgebrauch bewusst gestrichen habe. Es gibt so viele Dinge im Leben, die nicht begreifbar sind, auch in meinem. Ich bin Christ, genieße und brauche die Andacht zum Wochenschluss und den sonntäglichen Gottesdienst mit anschließendem Kirchencafé, aber ich werde nie missionieren können und bin der Ansicht, dass wir Christen keinen Markt haben – und schon gar nicht brauchen, in dem wir uns behaupten müssen.

Sie arbeiten in der „Offenen Kirche“ mit, wer besucht unsere Kirche denn?
Das Publikum ist sehr gemischt, es sind viele Ortsfremde dabei, die teils gezielt in unsere Kirche kommen, sie teils durch Zufall, z.B. beim Spaziergang durch unser Viertel, entdecken. Ich habe aber auch unverhofft schon alte Bekannte wiedergetroffen.

Was motiviert Sie, der Gemeinde Ihre Zeit und Kraft im Rahmen eines Ehrenamtes zu widmen?
Ehrenamtlich war ich schon seit meiner Oberschulzeit aktiv, ich war mein ganzes Leben lang immer fest in das Gemeindeleben an den verschiedenen Orten eingebunden. Die Kirche samstags offen zu halten, alle Fragen – auch die vermeintlich „dummen“ – der Besucher zu beantworten ist eine dankbare Aufgabe, die einfach Spaß macht.

Was muss man mitbringen, wenn man sich für die Arbeit in der Offenen Kirche interessiert?
Man muss erzählen können, sich trauen, auf fremde Menschen zuzugehen, aber auch Fingerspitzengefühl haben und die Fähigkeit zu erkennen, wann ein Besucher angesprochen werden möchte. Erfahrung im Umgang mit Menschen, so wie ich sie aus langjähriger Leitungstätigkeit habe, und natürlich Begeisterung für die Gemeinde sind ebenfalls wichtig. Das Wissen, das man über die Kirche und ihre Geschichte benötigt, wird zur Verfügung gestellt, ich selber bin gerade dabei, die Fragen, die mir von Besuchern gestellt werden und die dazugehörigen Antworten zu Papier zu bringen. Ich bin aber auch gerne zu einem persönlichen Gespräch bereit.

Was wünschen Sie sich für die Offene Kirche?
Ich wünsche mir, dass die Offene Kirche erhalten bleibt, dass sie zu einem Herzstück der Gemeinde wird. Dazu sollte sich ein Gemeindeglied finden, das etwas jünger ist als ich und die Terminkoordination übernimmt, Mitarbeiter motiviert, sodass die Kirche von Mai bis September jeden Samstagvormittag geöffnet werden kann.

Haben Sie ein Lebensmotto?
Nein, aber ein Prinzip, das mich in meiner Kindheit, im Zusammenleben mit meiner Frau und meinen Kindern und auch im Berufsleben immer geleitet hat: Man kann und soll sich streiten oder Meinungsverschiedenheiten haben dürfen, aber am Ende (des Tages) müssen alle auf einen Nenner kommen.

Vielen Dank für das Gespräch.


Sandra Biewald