Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden. Jesaja 40,4
Das, was sich wie die Werbung anhört, ist aus der Bibel. Der Prophet Jesaja weckte damit das Heimweh seiner jüdischen Schwestern und Brüder. Wie wäre es, wenn wir uns nicht mehr mit dem status quo abfinden und brav unsere Pflicht tun, sondern aufbrechen und heimgehen. Und unterwegs, während wir gehen, werden wir merken, dass die Berge nicht steil und die Täler nicht tief sind. Der Wind wird uns nicht ins Gesicht wehen. Es wird sein, als wenn alles wie von selber läuft. Alles geht glatt.
Wenn die Tiefen und Höhen fallen – würden Menschen aus der Unterklasse und Menschen der Oberschicht sich dann auf Augenhöhe begegnen? Gäben die Reichen dann freiwillig etwas von ihrem Überfluss an jene ab, die ständig Ebbe im Geldbeutel haben? Grüßten dann diejenigen, die einen Titel haben, diejenigen freundlich und mit Hochachtung, die ihnen morgens die Zeitung bringen und den Schnee kehren und die Straßenbahn fahren?
Wenn alle Verkrümungen und Verbiegungen gerade werden – würden dann auch die Mauern zwischen den Menschen fallen? Grenzen, die Menschen trennen, weil sie sich gestritten haben und weil böse Verdächtigungen ausgesprochen worden sind? Bekämen harte Zungen plötzlich zarte Flügel und aus Steinewerfern würden Rosenkavaliere?
Wenn Unberührbares und raue Wege schlicht werden – würden dann auch seelische Verletzungen heilen und rohe Gewalt nicht fortgesetzt kränken?
Es wäre schön. Und das Heimweh danach ist groß.
Doch nicht alle Mauern fallen. Unsere Welt ist nicht der Himmel auf Erden, sondern bleibt die Erde auf Erden.
Aber manchmal geht es doch. Martin Luther King war so ein Träumer, der dachte: warum nicht? Warum muß die Erde die Erde und der Himmel der Himmel bleiben. Warum sollen die beiden sich nicht berühren?
Und hat dann im August vor 50 Jahren diese Rede gehalten, die in das Gedächtnis der Menschheit eingegangen ist. „I have a dream!“ Und er zitiert den Propheten! Und er hofft, dass Amerika in der Zukunft Menschen egal welcher Hautfarbe gleich behandeln wird und seine Kinder nicht mehr benachteiligt, sondern entsprechend ihres Charakters aufwachsen werden.
Ich habe die Hoffnung, dass die vielen gescheiterten Utopien nicht wie Müllberge lagern und die Menschen lediglich wieder ihre Pflicht tun. Menschen halten viel aus. Auch Sie ertragen und dulden vielleicht schon lange eine ganze Menge. Mehr als gut für sie ist.
Advent ist eine Zeit der Erwartung. Nicht nur des Festes. Auch der Erwartung, dass die Sehnsucht gestillt wird und sich etwas ändert. Denn Heimweh kann sehr weh tun!
Jesus hat seinem Vorgänger Johannes dem Täufer so etwas angedeutet. In der Wüste würde etwas Großes beginnen.
Bereitet doch fein tüchtig / den Weg dem großen Gast; / macht seine Steige richtig, / laßt alles, was er haßt; / macht alle Bahnen recht, / die Tal laßt sein erhöhet, / macht niedrig, was hoch stehet, / was krumm ist, gleich und schlicht. Dieses und andere Lieder singen wir in den Adventsgottesdiensten und am 1. Dezember ab 17:00h beim Lebendigen Advent in Giebichenstein.
Ralf Döbbeling