Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut (Mt 2,10)

Ich atme ein, ich atme aus, ich mache meine Augen zu und öffne sie wieder. Überall um mich sind Menschen. Vom Stand hinter mir ist ein Weihnachtslied in schlechter Qualität gerade noch so durch den Streit der Familie neben mir hörbar. Ich werde von der Seite angerempelt und bekomme ein bisschen Glühwein über den Pulloverärmel geschüttet. Der Mann entschuldigt sich kurz und meckert seinen Freund an, der ihn gedrängelt hat. Kalt genug für eine Jacke ist es noch nicht und mit einer weißen Adventszeit hab ich eh nicht gerechnet.

Seit 15 Minuten warte ich auf meine Freundin und blicke von meinem Smartphone hoch in die vielen Gesichter der Leute um mich. Da erblicke ich einen, der lächelt. Er lächelt nicht mich an, aber er scheint gute Laune zu haben, zumindest bessere als das Kind, das gerade von seiner Mutter an mir vorbei  gezerrt wird. Mein Blick wandert weiter und da oben auf dem Baum gegen den leicht bewölkten, doch noch blauen Himmel steht er: der Stern. Stimmt ja … Da war ja was. Der Stern. „Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut.“

Es ist ja bald Weihnachten. Der Tag, an dem ich das Leben meines Retters feiern will. Das hab ich unter den ganzen Weihnachtsvorbereitungen mal wieder ganz vergessen. Vorfreude oder ein gemütliches Adventsgefühl ist auch noch nicht eingekehrt.

Da leuchtet sein Stern. Der Stern, der seine Ankunft vorhersagt. Und ich freue mich. Ich freue mich, ihn bald wieder neu willkommen heißen zu dürfen. Von seinem demütigen Anfang hier auf Erden zu hören. In dem Verkündigungsstück zu sehen, wie der gewaltige und großartige Gott zu einem sterblichen Menschen geworden ist. Einer, der wie wir Schmerz, Scham, Reue, Einsamkeit und Angst spüren kann. Einer, der wie wir Freude, Liebe und Zuneigung erfahren kann. Einem, den wir nacheifern können. Gott in seiner ganzen Herrlichkeit und Schönheit scheint so weit weg. Doch mit diesem winzigen und schwachen Kind, in einem schmutzigen Futtertrog umgeben von armen Hirten und Vieh, hat er sich klein gemacht und ist zu einem von uns geworden, dass wir leichter in Beziehung mit ihm treten können.

Ich schaue auf den Stern und weiß:  Es ist gut, dass wir das jedes Jahr aufs Neue und mit voller Inbrunst feiern. Nicht nur, dass wir geliebte Menschen um uns haben, mit denen wir über die Feiertage unsere Zeit verbringen wollen, sondern dass wir Gott haben und dass Gott uns hat. Denn er hat uns zuerst geliebt und hat uns den Stern als Zeichen seiner großen Wundertaten geschickt, dass wir uns jetzt und an jedem anderen dunklen Moment an ihn erinnern und uns freuen. So freut euch auf den, der war, der ist und der kommen wird.

Clara Arnold