Foto: Jörg Lipskoch

Die Kinder, die mit diesen Wagen gekommen sind, gehen noch nicht in den Kindergottesdienst. Sie werden geschoben. Sie liegen im Wagen und ihre Eltern rollen sie zur Kirche. Was sollen diese Kinder in der Kirche? Sie verstehen noch nichts. Sie quengeln und nehmen ihren Eltern die Aufmerksamkeit, dem Gottesdienst zu folgen. Besser wäre doch, wenn die Eltern erst nach der Phase der ganz kleinen Kinder wieder kämen oder sich abwechselten, damit wenigstens einer in Ruhe dem Gottesdienst folgen kann. Das wäre auch rücksichtsvoll im Hinblick auf die anderen. Denn nicht jede und jeder im Gottesdienst hat so gute Nerven wie Eltern und kann gleichzeitig das Hampeln und Strampeln der Kinder sehen und trotzdem zuhören.

Blenden wir mal zurück in die Zeit, als die Kinder noch nicht so mobil waren, und entweder getragen wurden oder selber laufen mussten. Da brachten Mütter ihre Kinder zu Jesus, damit er sie segnete. Die Jünger aber wiesen die Mütter zurecht. Vielleicht so abwägend, wie oben. Kommt doch mit den Kindern wieder, wenn die Kinder größer sind und Söhne und Töchter des Gesetzes werden können. Oder gleich barsch und harsch. Was bildet ihr euch eigentlich ein, Jesus mit den Kindern zu konfrontieren? Ihnen gar gleichberechtigt einen Glauben zuzutrauen?

Was trauen wir Kindern eigentlich zu? Viele Menschen sind sich einig, dass Kinder ein Recht auf eine religiöse Erziehung genießen. Das ist für viele auch Nichtkirchliche ein Teil unserer Leitkultur.
Doch selber schon zu Gott kommen. Also ohne die Zwischenstufe des Unterrichts durch die Eltern, Lehrer und Pfarrer. Diese Revolution eines eigenen Glaubens brächte so viele liberale Folgen mit sich, das wir davon besser absehen. Dann hätte nämlich nicht wenige über den Kern des Glaubens zu entscheiden, sondern viele würden dazu beitragen und sich immer wieder darüber austauschen, was der Glaube an Gott heute bedeutet. Und manchmal müssten die großen Köpfe schweigen angesichts der klugen Münder der Kleinen. Denn Kleingläubige sind nicht automatisch die kleineren Gläubigen, da nicht der Kopf, sondern das Herz entscheidet, was ein Mensch Gott zutraut.

Noch einmal zurück zur Aufmerksamkeit im Gottesdienst. Was erwarten wir uns eigentlich, wenn wir zur Kirche gehen? Eine gute Predigt, Stille, Musik, die unsere Seele schwingen lässt, Trost, Gemeinschaft, neues Leben, Segen. Das ist nicht alles machbar. Ein guter Gottesdienst lebt davon, dass Gott uns dient und mit seiner Gegenwart überrascht. Sie ahnen, worauf ich hinaus will. Das kann er nämlich auch durch ein Kind tun. Bei der Kindersegnung, als Täufling und immer wieder durch die reine Anwesenheit eines Kindes, da wir Gott im Leben eines Kindes auf frischer Tat ertappen.
Weihnachten hat mit dem Kind zu tun und Ostern wird auch immer wieder im Leben der Kinder sichtbar. „Lasst die Kinder zu mir rollen.“

Pfr. Ralf Döbbeling