Zur Zeit sind einige Ehemalige der Jugendarbeit gerade in verschiedenen Ländern unterwegs. Für die Phoebe berichten sie, wie sie dort Weihnachten verbracht haben.

England
Ich mache momentan ein freiwilliges soziales Jahr in Blackburn, England. Hier arbeite ich seit Oktober in einer Unterkunft für jugendliche Obdachlose und erlebe erstmals die gemütlichste Zeit des Jahres, die Weihnachtszeit, in einem anderen Land.

Der Dezember war bis jetzt der schönste Monat meines FSJs. Das lag vor allem an den Weihnachtsfeiern von meiner Arbeitsstelle und die Herzlichkeit, mit der man sich hier um uns kümmert. Besonders zu dieser Zeit bekommen wir viele kleine Aufmerksamkeiten wie Weihnachtskarten, Einladungen zum gemeinsamen Abendbrot oder Süßigkeiten ohne Ende geschenkt.

Auch konnten meine Mitbewohnerinnen und ich, dank einer Spende einer Mitarbeiterin, unseren eigenen Weihnachtsbaum zu Hause aufstellen. Leider ist dieser zwar nur aus Plastik, aber Weihnachtsbaum ist Weihnachtsbaum, und das wohlige Gefühl der Weihnachtsstimmung kam somit trotzdem auf.

Um dieses Gefühl zu verstärken, lief bei uns zu Hause stets Weihnachtsmusik, und wir besuchten in drei Städten insgesamt drei verschiedene Weihnachtsmärkte. Diese waren zwar sehr überfüllt und noch teurer als in Deutschland, aber leckeren Glühwein und eine schöne Atmosphäre gab es dort trotzdem.

Schlussendlich hatte es trotzdem weiterhin so oft wie noch nie geregnet und die Verlockung, Weihnachten mit meinen Freunden und meiner Familie zu verbringen, war von Anfang an zu hoch, um einem kurzen Vier-Tage-Urlaub zu widerstehen. Heilig Abend mit meiner Familie in den Verkündigungsgottesdienst zu gehen und Wienerle mit Kartoffelsalat zu essen, war und ist dann doch für mich die schönste Art und Weise Weihnachten zu verbringen.

Basti

Father Christmas und Geschenke am Morgen, Mince Pies statt Lebkuchen und die Festtage ohne meine eigene Familie – denn derzeit arbeite ich als Au Pair in einer englischen Familie. Für mich war das Schönste an Weihnachten und der Vorweihnachtszeit im Ausland, die verschiedenen Traditionen auszutauschen. So bastelte ich zum Beispiel einen deutschen Adventskranz und feierte jeden Sonntag mit meinen Gastkindern Advent. Die Kinder waren total begeistert davon und konnten es immer gar nicht erwarten, die nächste Kerze anzuzünden. Am 6. Dezember kam außerdem das erste Mal der Nikolaus nach England.

Die Adventszeit habe ich mit Carol-Konzerten, turbulenten Londoner Weihnachtsmärkten und riesigen Dekorationen aus Weihnachtslichtern sehr genossen. Jedoch hat mir das besinnliche Plätzchenessen mit Familie und Freunden schon etwas gefehlt.

Der 24. Dezember war quasi ein normaler Tag. Es war sehr komisch für mich, all die Weihnachtsgrüße aus Deutschland zu bekommen, da es sich in dem Moment überhaupt nicht nach Weihnachten anfühlte. Abends haben wir Essen und Trinken für den Weihnachtsmann (Father Christmas) und seine Rentiere rausgestellt, die über Nacht die Geschenke bringen.

Am nächsten Morgen wurde ich von super aufgeregten Kindern geweckt, die es gar nicht erwarten konnten, ins Wohnzimmer zu gehen. Im Schlafanzug wurden dann die Geschenke ausgepackt. Nach einem sehr entspannten Familientag mit viel Zeit vor dem Fernseher ist am späten Nachmittag der Rest der Familie für das große Weihnachtsessen eingetroffen. Vor dem Essen haben wir die sogenannten Christmas Cracker geknallt. Sie enthalten Papierkronen, die zum Essen getragen werden. Mit Feuerwerk haben wir dieses tolle Weihnachtsfest beendet. Für mich fühlte es sich allerdings mehr wie eine kleine Party an – also ganz anders als das besinnliche deutsche Weihnachten.

Lydia

Ghana
Weihnachten knapp 5000 Kilometer südlich und etwa 30 Grad wärmer unterscheidet sich ziemlich stark vom traditionellen deutschen Weihnachtsfest. Der Glaube an Gott ist in der Gesellschaft viel stärker verankert als in Deutschland. An jeder Ecke gibt es Kirchen oder Moscheen, und ich werde häufig gefragt, welcher Konfession ich angehöre. Dass ich an Gott glaube, wird gar nicht erst in Frage gestellt.

Deshalb könnte man meinen, dass Weihnachten einen besonders hohen Stellenwert genießt. Allerdings wird Weihnachten hier nicht so groß gefeiert wie in Deutschland. Die Adventszeit mit Adventskalender und Adventskranz gibt es nicht, und Heiligabend ist wie jeder andere Tag. Nicht mal Plätzchen werden gebacken. Wenn man Glück hat, findet man ein paar Spekulatius im Supermarkt. Die teuren, westlichen Malls, in die sich nur selten Ghanaer verirren, haben manchmal Plastiktannenbäume und Lametta. Ansonsten gibt es keine geschmückten Weihnachtsbäume oder gar ein Krippenspiel. In der Hauptstadt Accra gab es eine deutsche Christvesper.

Die üblichen Feierlichkeiten finden am ersten und zweiten Weihnachtstag statt. Die Menschen ziehen sich ihre schicksten Kleider, meist ghanaische Weberstoffe, an und gehen in die Kirche. Danach wird gemeinsam mit der Familie gegessen und gesungen. Die Stimmung ist viel ausgelassener und weniger andächtig, wenn man sie mit Deutschland vergleicht. Es wird viel mehr getanzt und gesungen. Häufig haben die Gemeinden ihre eigenen Gospelchöre, welche zu Anlässen wie Weihnachten auftreten.

Dennoch hat Weihnachten in Ghana nicht die gleiche Bedeutung, verglichen mit Deutschland.
Das hat verschiedene Ursachen: Zum einen ist der Gottesdienst jeden Samstag oder Sonntag etwas Besonderes, sodass der Unterschied zu Weihnachten nicht so stark auffällt. Die meisten Leute gehen so gut wie jedes Wochenende mit Kind und Kegel in die Kirche und essen danach gemeinsam. Dadurch fällt der Unterschied zu Weihnachten nicht so stark auf wie in Deutschland, wenn die Kirchen plötzlich völlig überfüllt sind. Die zweite und viel wichtigere Ursache ist der finanzielle Aspekt. Viele Menschen arbeiten das ganze Jahr, um ihre Familie zu ernähren. An Weihnachten, geschweige denn Geschenke zu kaufen, ist gar nicht zu denken.

In meiner Gastfamilie wurde Weihnachten auch nicht so groß zelebriert, weil mein Gastvater Moslem ist. Meine Gastmutter hingegen ist Christin und hat Weihnachten bei ihrer Familie verbracht. Ich habe die Zeit genutzt, um über Weihnachten in den ghanaischen Regenwald zu reisen. Als ich zurückkam, wurden meine kleinen Präsente schon sehnsüchtig erwartet.

Heinrich

Indien
Weihnachten ist in Indien zwar ein offizieller Feiertag, doch habe ich in meinem Projekt davon recht wenig mitbekommen. Gemeinsam mit meiner Mitfreiwilligen habe ich versucht, einige der heimatlichen Traditionen zu zelebrieren. So haben wir zum Beispiel einen Weihnachtskalender selber gebastelt und an einem Tag Plätzchen gebacken. Auch die Dattelpalme vor unserer Haustür – die durch ihr immergrünes Blätterkleid und die spitzen Nadeln einem Tannenbaum am nächsten kam – musste sich unserem Weihnachtswahn unterwerfen und wurde festlich dekoriert. Aber als wir dann noch erzählten, dass die Bescherung in Deutschland am 24. Dezember stattfindet, hielten uns auch die Letzten für verrückten. „Die Deutschen sind halt immer überpünktlich“ hieß es mit einem Lächeln auf dem Gesicht und einem skeptischen Kopfschütteln. An den Weihnachtstagen haben wir wie sonst auch gearbeitet, nur das der Chai oder die Arbeitsgeräte mit den Worten: „Merry Christmas!“ überreicht wurden und wir abends gemeinsam einen Film geschaut haben.

Ronja