So langsam aber sicher werden die Tage trüber und kürzer, die dunklere Jahreszeit steht vor der Tür und vielleicht deswegen geht mir seit einigen Tagen ein biblisches Wort über Licht im Kopf herum. Zu finden ist es in Mt 5,14-16:

Ihr seid das Licht der Welt, eine Stadt, die oben auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen sein.
Man zündet auch nicht eine Lampe an und setzt sie unter den Scheffel, sondern auf das Lampengestell, und sie leuchtet allen die im Hause sind.
So soll euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater, der in den Himmeln ist, verherrlichen.

Dieses Wort Jesu aus der Bergpredigt ist für mich Zusage und Zumutung zugleich: Die enorme Zusage besteht in der Versicherung: „Ihr seid das Licht der Welt“. – Nicht: Werdet das Licht, strengt euch an, scheint heller, strahlt, leuchtet mit aller Kraft- sondern der Zuspruch: „Ihr SEID das Licht der Welt.“ Ihr seid es schon. Jetzt. Hier.

Jesu Wort ist für mich zugleich eine Zumutung. Klar – die Stadt, oben auf dem Berg liegend, kann unmöglich verborgen bleiben. Und die Lampe wäre unter dem Scheffel versteckt nur im besten Sinne des Wortes im Eimer, ihrer ureigenen Funktion beraubt – das leuchtet ein. Aber wenn ich mit diesem Wort gemeint bin, wenn ich „Licht der Welt“ sein soll? Dann stehe ich oft kleingläubig und zögernd da. Vielleicht weil „Licht sein“ und es „vor den Menschen leuchten lassen“ eben auch mit der Vorstellung von Hervorstechen, auf dem Präsentierteller sein, vielleicht sogar Aufschneiden oder auch allzu wohlfeilen Missions- und Marketingstrategien verbunden ist. Und so will, so kann ich nicht sein, das fällt mir schwer. Vielleicht bleibe ich dann lieber nur ein kleines Licht. Ich glaube, damit bin ich nicht allein, auch nicht in der Kirche.

Vor ein paar Wochen habe ich etwas erlebt, das mir wieder vor Augen geführt hat, dass in jeder Zumutung auch ein „Mut“ steckt. – ein Mut machendes Element: Laternenfest 2019 in Halle. Ein schwüler Spätsommerabend, die Menschenmassen am Riveufer drängen sich hin und her Richtung Burg und Rummelplatz, man ist in Feststimmung, es ist laut, voll, feucht-fröhlich. Viele Blicke gehen zu einem einzelnen Zelt auf der rechten Seite, an einem Hang etwas erhöht, unter den hohen Bäumen leuchtet es hell. Ein Schild lädt ein: „Kommt und nehmt umsonst“. Im Zelt sitzen Menschen an einer festlich gedeckten Tafel, sie essen, trinken, -umsonst! – diskutieren, fragen, sind in Gemeinschaft und guter Dinge.

So steht es mir vor Augen, das Projekt der Bartholomäusgemeinde auf dem Laternenfest in Halle. Für mich waren es drei sehr erstaunliche Tage und im Nachhinein habe ich manchmal an die Worte vom „Licht in der Welt“ denken müssen. Warum? Nicht nur, weil das Zelt und die Festtafel so schön geleuchtet haben im Dunkeln, zwischen all dem Rummel und Kommerz. Sondern, weil genau das passiert ist, wovor ich mich oft genug scheue. Wir haben uns an diesem Wochenende Blicken und Fragen ausgesetzt, irritierten bis interessierten. Wir waren Gastgebende und Gesprächspartner, haben etwas von unserer Kraft und auch von uns selbst preisgegeben.

Waren wir „Licht der Welt“? Ich weiß nur, dass mir an diesem Wochenende viele „lichte Momente“ geschenkt wurden: unverhoffte Begegnungen, gemeinsam gemeisterte Herausforderungen, Dankbarkeit, segensreiche Gemeinschaft, spannende Gespräche, Fröhlichkeit. Auf dem Laternenfest habe ich etwas darüber gelernt, was „Licht sein“ bedeuten könnte – dass die Zusage sich erfüllen kann, wenn man die Zu- Mut-ung annimmt. Wenn ich an dieses Wochenende im Spätsommer denke, dann leuchtet’s in mir. Und ich hoffe, dass mich dieses Leuchten in die dunkle Jahreszeit begleitet.

Deborah

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